Kenne Deine Ausrüstung – das Wörtchen „blind“ fehlt noch im Titel. Je besser Du Deine Ausrüstung kennst, desto weniger kommst Du in Stress auch wenns hektisch wird und kannst Dich auf das Wesentliche konzentrieren, das Fotografieren.
Kenne Deine Kamera
Wo befindet sich welche Funktion?
Nein, ich wechsle meine Kameras nicht so oft. Auch aus dem Grund, daß es jedesmal Stress bedeutet. Bei der Ersteinrichtung vergesse ich zum Beispiel gerne, bestimmte Einstellungen von der alten auf die neue Kamera zu übertragen und wundere mich dann im Liveeinsatz, wieso dieses und jenes nicht so funktioniert wie gewohnt. Oder Funktionen liegen plötzlich auf anderen Tasten.
Ja, es ist mühsam, sich durch ein 200-seitiges Handbuch zu quälen und sich die Punkte herauszusuchen, die man benötigt. Aber wenn Du nicht plötzlich vor Herausforderungen gestellt werden willst, ist dies unerlässlich.
Lerne, Deine Kamera blind zu bedienen – setz Dich zu Hause aufs Sofa. Mach die Augen zu und versuche zum Beispiel die Blende um zwei Stufen zu erhöhen, die Verschlusszeit zu halbieren und Dein Objektiv zu wechseln. Sieht vielleicht von außen betrachtet affig aus, bringt Dich aber extrem weiter!
Experimentiere mit Alternativen zu Deinen Lieblingseinstellungen
Ich habe für meine Handballfotos über die Jahre eine Lieblingseinstellung von Blende, Verschlusszeit und ISO gefunden: 3.2, 1/1250, ISO 2500 – diese passen in der Halle, in der ich die meisten meiner Bilder mache (EWS Arena in Göppingen) für meinen Geschmack. Was aber, wenn ich nun in eine deutlich dunklere Arena komme? Welche dieser oben genannten Einstellungen verändere ich als erstes? ISO? Dann nimmt das Bildrauschen zu. Verschlusszeit? Dann steigt die Wahrscheinlichkeit von Bewegungsunschärfe. Blende? Bis zur Grenze meines Objektivs von 2.8 ist es eh nicht weit.
Kann ich einfach die ISO auf 5000 hochziehen oder verrauschen mir die Bilder dann total da meine Kamera ISO-technisch über 3200 schlapp macht? Hätte ich dann besser die ISO nur auf 3200 hochgestellt, Blende auf 2.8 und Verschlusszeit auf 1/800 und könnte mit einigen (bewegungs-) unscharfen Bildern leben wenn die scharfen dann nicht total verrauscht und vermatscht sind?
Tja, woher sollst Du das wissen, wenn Du es niemals getestet hast? Im Ernstfall testest Du dann halt im Livebetrieb und musst mit dem Ergebnis leben ….
Um einen Spruch meiner Oma abzuwandeln: Teste in der Zeit, dann hast Du in der Not! 😉 Wenn Du auf einer Veranstaltung Deine Bilder im Prinzip im Kasten hast, nutze die Zeit um zu experimentieren. Natürlich auch zum Beispiel verschiedene Einstellungen der Focusautomatik und so weiter.
Kenne auch Dein restliches Equipment
PC / Laptop
Egal ob Mac oder PC – ein Laptop oder ein Desktopcomputer sind Werkzeuge, keine Religion (gilt übrigens auch für Canon vs Nikon vs Sony usw.). Du musst Dich damit wohlfühlen, diese Werkzeuge müssen zu Dir und zu Deinem Workflow passen. Auch ob nun Photomechanic, Photoshop oder Lightroom – auch die Software muss zu Dir passen.
Und Du musst, ob Du willst oder nicht, Dich damit intensiv befassen. Auch wenn Du „nur“ Fotograf bist und ein EDV-Profi werden willst. Ja, ein Metzger muss auch seine neumodische Computerwaage mit integrierter Kassenfunktion bedienen können.
Prüfe nach jedem Update eines Programms oder des Betriebssystems, ob Dein „alter“ Workflow noch funktioniert wie gewohnt. Nicht selten verschlimmbessern Updates ein Stück Software und dann stehst Du vor Ort da und musst eine Lösung finden = Stress!
Arbeite Dich tief in Deine genutzten Programme ein – das Internet bietet hier so viele kostenlose Videos und Tippsammlungen. Vielleicht versteckt sich irgendwo noch eine Funktion, die Dir das Leben angenehmer macht und Dir Zeit fürs Fotografieren verschafft.
Schau Dir bei anderen Fotografen vor Ort ab, was diese besser oder schlechter machen. Einer überträgt seine Bilder per Funk oder per LAN-Kabel auf sein Laptop, der andere macht den Speicherkarten-DJ, der eine hängt im WLAN-Netz der Sportarena, der andere hat sein Laptop mit seinem Handy verbunden oder hat einen extra UMTS-Stick. Hinterfrage diese Lösungen, ob sie zu Dir passen und probiere aus.
Sonstiges Zubehör
Hast Du einen Rucksack oder Rollkoffer, der zu Dir und Deinem Equipment passt? Hast Du ein System, wie Du diesen packst? Kannst Du also zum Beispiel, wenn es schnell gehen muss, genau sagen, in welchem Fach sich eine Ersatzspeicherkarte befindet und kommst an diese auch schnell ran?
Auch wenn in der Sportfotografie der Blitz relativ selten zum Einsatz kommt: hast Du einen und weisst vor allem, wie man diesen bedient? Also nicht nur anmachen, draufstecken und auf Automatikmodus stellen? Lies Dich intensiv ins Thema Blitzen ein – auch hier gibt es im Internet klasse Tutorials (zum Beispiel von Krolop&Gerst). Deine Blitzbilder werden sich angenehm von den totgeblitzten Bildern Deiner Kollegen abheben.
Halte Augen und Ohren offen. Es wird jeden Tag neues Zubehör vorgestellt. Viel davon ist echter Müll aber ab und zu sind klasse Produkte dabei. Prüfe, ob diese Dich weiterbringen und probiere einfach aus – Du hast im Netz ein 14tägiges Rückgaberecht. Mach doch einfach davon Gebrauch!
Stressreduktion
Zusammenfassend: es geht bei „Kenne Dein(e) …“ immer darum, Stress zu reduzieren. Wenn Du perfekt vorbereitet bist, musst Du weniger improvisieren, Dich um Nebensächlichkeiten kümmern und hast mehr Zeit zum Fotografieren!
Der Beitrag „Kenne Deine Ausrüstung“ ist Teil 9 der Artikelserie „10 Tipps für bessere Sportfotos„.
10 Tipps und Anregungen zum Nachdenken, Nachmachen und Diskutieren.
Ich fotografiere viel Handball, daher beziehen sich viele Beispiele auf die Sportart Handball. Die meisten Beispiele lassen sich aber problemlos auf andere Sportarten übertragen.
Auch habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen – hast Du eine Ergänzung oder eine andere Meinung? Ich freu mich auf Deinen Kommentar!